Samstag, 26. Juli 2014

Der Jud'

Ja, ich bin mir bewusst, dass ich hier gerade einen SEHR provokanten Titel für meinen Blogbeitrag wähle. Aber: Das Wort stammt so wie es da steht nicht von mir, und ich habe es mir auch nicht aus irgendeinem Geschichtsbuch über Nazideutschland herausgelesen. Tatsächlich fiel der Ausdruck Der Jud' heute Vormittag in einem Café, wo ich am Nebentisch zwei Männer im Gespräch "belauschte".

Die Unterhaltung drehte sich - natürlich - um das aktuelle Geschehen in Israel und dem Gazastreifen, und genauer gesagt: um die Anti-Israel-Demonstrationen in Deutschland und anderen westeuropäischen Staaten, die in den letzten Tagen mehrmals extrem eskaliert sind: Es gab gewalttätige Ausschreitungen, es wurden schlimmste Naziparolen verbreitet, und in Frankreich gab es gewalttätige Übergriffe auf von Juden bewohnte Stadtviertel.

Ich habe hier gerade von "Anti-ISRAEL-Demonstrationen" gesprochen, denn so werden sie öffentlich genannt. Aber die beiden Männer am Nebentisch sprachen nicht von Israel, als sie die Angriffe auf den Gazastreifen kritisierten. Und sie sprachen auch nicht von Israel, als sie Verständnis zeigten für die eskalierende Gewalt auf den Demos hierzulande, und für die dabei immer lauter werdenden Hassparolen.

Nein, diese Männer sprachen von Der Jud':
Der Jud' bringt "da unten" ja Frauen und Kinder um. Und da muss Der Jud' sich eben nicht wundern, wenn die Leute hier gegen ihn demonstrieren, auch wenn Der Deutsche ja "wegen früher" da vorsichtig sein müsste.

Und so wird jeder Jude - egal, ob er Deutscher ist, Franzose, Italiener, oder Amerikaner - zum Mitverantwortlichen für die Aktionen eines Staates (= Israel), zu dem er/sie persönlich meist überhaupt keinen Bezug hat. Einfach nur deshalb, weil er Jude ist.

Das ist ungefähr so logisch, als würde man die Gesamtheit aller Katholiken dieser Welt als Der Italiener bezeichnen, weil doch der Papst nun mal in Rom wohnt.

Nur ist es so, dass man bei diesem Gedanken schmunzeln muss - während es einem bei Der Jud' und den möglichen (und teilweise bereits eintretenden) Folgen dieser Verdrehungen der Tatsachen Angst und Bange werden muss.


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