Sonntag, 25. Juli 2021

Die Flut - alles nur ein Medienhype?


 Diesen Beitrag wollte ich eine Woche lang nicht schreiben, denn er erschien mir überflüssig. So viele Menschen und Medien schreiben und sprechen darüber. Braucht es da wirklich auch noch einen Blogbeitrag von mir?

Aber es gab da Freitag dieses kurze Gespräch - seitdem weiß ich, dass die Ausmaße der Flut tatsächlich eben doch nicht allen Menschen klar sind:

Nachdem ich erwähnte, welche Zerstörungen eine bei Ahrweiler lebende Freundin beschrieben hatte, meinte jemand, so schlimm sei das alles nicht - das Wasser sei halt in diesen Orten durch einige Straßen geflossen und hätte dort für Zerstörungen gesorgt, aber "darum herum" sei alles heil geblieben, nur zeigten das die Medien natürlich nicht, die ja immer übertrieben. 

Ich war so fassungslos, dass mir in diesem Moment nur die Flucht in den Sarkasmus blieb:

"Klar, meine Freundin lebt vor Ort und liefert Augenzeugenberichte, aber natürlich weißt du von hier aus allemale besser, was dort vor sich geht. Schon klar."

Aber seitdem geht mir die Frage nicht aus dem Kopf, ob wohl noch andere Menschen nicht begreifen (wollen?), wie die Lage in den von der Flut betroffenen Gebieten wirklich ist? 

Gibt es eine andere Gruppe in der Bevölkerung als die, welche wir im Moment hauptsächlich wahrnehmen? Also eine andere Gruppe als die der Helfer und Spender, die über das Geschehene betroffen sind? 

Und wenn ja, wer sind sie? Sind sie gefühllos, abgestumpft, achtlos? Oder zu sehr überzeugt von sich, und davon, die Welt besser zu durchschauen als der Rest von uns? Oder wollen sie ihr eigenes kleines mentales Rosengärtlein nicht verlassen, in dem sie sich einreden können, dass alles eben doch nur schlimm geredet wird?

Ich weiß es nicht.  

Ich weiß nur, was ich von direkt Betroffenen in den letzten Tagen erfahren habe. 

Von Menschen in der Eifel, die ihren Ort - oder das, was davon übrig ist - nur mit dem Vergleich 

"Deutschland 1945"

beschreiben können.

Von Menschen in der Eifel, deren eigenes Haus zwar von der Flut verschont geblieben ist, die aber sachlich-tonlos berichten, was ansonsten von ihrer Heimat übrig ist:

"Unser Bäcker - weg. Unsere Metzgerei - weg. Der kleine Supermarkt - weg. Das schöne Café, wo wir uns so gerne mit Freunden getroffen haben - weg. Die Häuser unserer Freunde eine Straße weiter - weg. Was mit den Menschen in den Läden und Häusern ist - wir wissen es nicht."

Vom Mann, der von seinem umspülten Haus beobachtet, wie Nachbarn sich auf die Flussbrücke retten, in der Hoffnung, dass die Brücke nicht überspült würde und sie dort in Sicherheit wären. Der sieht, wie vom Wasser mitgerissene Autos mit Macht gegen die Brücke geschleudert werden und immer neue Teile aus ihr herausschlagen. Der hilflos zusehen muss, wie seine Nachbarn in Todesangst auf dieser Brücke stehen, der wegsehen möchte, aber es nicht kann.

Von Menschen an der Ahr, die vom beißenden Gestank nach Benzin und Fäkalien berichten, der die Luft der ganzen Gegend schwängert. Man riecht das Elend, lange bevor es in Sicht kommt.

Von von gestandenen Kerlen, die am Ende eines Tages als Helfer in Tränen ausbrechen.

Hier noch ein Artikel, dessen Verfasserin die Flut im Ahrtal miterlebt hat. Sie ist auch weiterhin vor Ort:

Die Tagespost

Ja, die Medien sind sensationsgierig und bauschen gerne mal dort auf, wo es ihnen "notwendig" erscheint. 

Aber die Auswirkungen dieser Flut waren und sind auch ohne zusätzlichen Hype eine wahre Katastrophe. 

Wer spenden möchte, ein Link:

WDR - Diese Spendenkonten gibt es bislang  

Oder auch:

Dienstag, 13. Juli 2021

Kindheitsträume


Der Milliardär Richard Branson hat sich einen Kindheitstraum erfüllt. Er gründete seinen eigenen Raumfahrtkonzern und absolvierte am Wochenende einen 90-minütigen Weltraumflug. Es ist sein Geld; er darf damit tun, was er will.

Zwei weitere Milliardäre, Jeff Bezos und Elon Musk, arbeiten an der Verwirklichung des gleichen Kindheitstraumes. 

Wie viele Milliarden bisher wohl in diese Projekte geflossen sind? Ich weiß es nicht, aber es werden einige sein. 

Aber es ist ihr Geld; sie dürfen damit tun, was sie wollen. 

Bald werden sie weitere Kindheitsträume zu € 250.000 das Stück verkaufen, an reiche Leute, die einmal einige Sekunden Schwerelosigkeit erfahren und sich anschließend "Astronaut" nennen möchten. Ich finde zwar, das Gefühl kurzfristiger Schwerelosigkeit könnte man mit einer guten Flasche Wein auch billiger erfahren, aber: Es ist ihr Geld; sie dürfen damit tun, was sie wollen. 

Für jene, die auch gerne Kindheitsträume erfüllen möchten, aber keine Viertelmillion zur Verfügung haben, weiß ich eine Alternative:

Für 35,- Euro im Monat (gerne darf es mehr sein) übernimmt man eine Patenschaft für ein Kind bei den SOS Kinderdörfern. Die Kindheitsträume, die hier erfüllt werden, heißen

- ein Dach über dem Kopf
- Essen und sauberes Wasser
- medizinische Versorgung
- Schule und Ausbildung
- Zukunft

Freitag, 9. Juli 2021

Langes Schweigen - Ende.

Es war viele Monate still auf diesem Blog. Wenn ich sehe, wie viele Besuche er trotzdem täglich erhält, packt mich das schlechte Gewissen.

Hat mich nichts beschäftigt? Doch, natürlich. Mich haben die gleichen Dinge beschäftigt, wie alle anderen in dieser Zeit. Warum also darüber reden?

Hat mich nichts empört? Und ob! Jede Menge. Aber die ganze Welt empört sich seit einem guten halben Jahr. Brauchte es wirklich noch meinen Anteil dazu?

Und diese ganze ungesunde Fiebrigkeit in den "sozialen Medien" - die habe sicher nicht nur ich wahrgenommen.

Ist es richtig oder falsch, der Empörung den Rücken zu kehren? Ich weiß es nicht. Wenn es heißt, der Welt und den Menschen gegenüber gleichgültig zu werden, ist es sicher falsch. Aber wenn es bedeutet, nicht gleich aufgeregt auf jeden Zug aufzuspringen, der donnernd daherkommt? Dann ist es vielleicht keine so schlechte Idee, erst einmal Abstand zu gewinnen.

Der letzte Winter und das folgende Frühjahr waren hart. Aber das war für uns alle so. Dieses Virus hat uns so viel gekostet. Nicht nur gesundheitlich und wirtschaftlich. Es hat Freundschaften zerstört, Kommunikation unterbunden und den Menschen Einsamkeit bereitet. 

Hat es vielleicht auch die falschen unter ihnen zum Schweigen gebracht? Auch das weiß ich nicht. 

Wenn ich eines in der Zeit meines eigenen Schweigens gelernt habe, dann, dass ich noch sicherer weiß, wie viel ich nicht weiß. Eigentlich weiß ich gar nichts. Als Erkenntnis ist das allerdings vielleicht auch gar nicht mal so schlecht. 

Ihr werdet von mir hören.