Samstag, 23. Februar 2019

Was mich bewegt... Suppenküche


Ich ging am späten Nachmittag auf unseren Hauptbahnhof zu und sah auf dem Vorplatz einen kleinen Lieferwagen stehen, die Seitentüre weit geöffnet, von Menschen umringt, während immer noch mehr von allen Seiten auf den Wagen zuströmten.
"Gibt's da was umsonst?"
dachte ich bei mir.

Ja, es gab etwas umsonst. Aber anders, als ich es mir vorgestellt hatte:

Als ich näher kam, sah ich, dass an der geöffneten Seitentüre des Wagens mit der Aufschrift "Caritas" Kleidung ausgegeben wurde. Menschen, viele sicher Obdachlose, die im Bahnhofsviertel "wohnten", standen an um ein Paar Schuhe, oder eine warme Jacke.

Auch die hintere Doppeltüre des Wagens war weit geöffnet. Dort wurde Suppe in Plastikschalen ausgeschenkt, Kaffee und Brot wurde angeboten. Die Menschen standen um den Wagen herum und löffelten hungrig die dampfende Suppe oder tranken ihren Kaffee.

Es waren sehr viele Menschen, die dort standen, die kamen und gingen und um Essen baten oder um ein Kleidungsstück.

In meiner Heimatstadt. Mitten in Deutschland.

Nicht im Jahr 1929. Sondern heute.

Montag, 18. Februar 2019

Campingbrötchen


In der Bäckerei.
"Zwei von den Brötchen dort, bitte."
"Ah, zwei Campingbrötchen."
"Und wieso CAMPINGbrötchen?"
"Weil da Butter drin ist."
"Aber was hat die Butter damit zu tun?" 
"Weil das nach Camping schmeckt."
"Wieso schmeckt Butter nach Camping?"
"Na, wegen Holland."
Nachvollziehbar. Zumindest für den Niederrheiner.

Samstag, 16. Februar 2019

Was mich bewegt... Smartphonekurbel


Im Bus saß eine Frau. Der Mantel pink. Der Kopfhörer pink. Von ihm führte eine pinkfarbene Schnur in ihr pinkfarbenes Smartphone, das sie vor sich hielt.

Sie tippte etwas aufs Display, wartete eine Weile, dann machte sie mit der rechten Hand eine Kurbelbewegung neben dem Smartphone. So ging das während der ganzen Fahrt: Tippen, schauen, warten, an der unsichtbaren Kurbel drehen.

Ihr Zeigefinger war dick bandagiert. Offensichtlich sind unsichtbare Smartphonekurbeln nicht ungefährlich.

Zuerst glaubte ich, sie habe vielleicht das Äquivalent einer Kurbeltaschenlampe, wie sie bei IKEA verkauft werden. Aber das war Unsinn: Strom kann man nur mit einer sichtbaren Kurbel erzeugen.

Dann verstand ich: Es war eine Internetkurbel!

Das Internet ist unsichtbar. Also macht es Sinn, es auch mit einer unsichtbaren Kurbel anzutreiben und zu beschleunigen.

Seit ich das gesehen habe, weiß ich: Ich will auch eine Smartphonekurbel!

(Aber ich werde besser auf meine Finger achtgeben als die Dame in Pink.)

Freitag, 15. Februar 2019

Was mich bewegt... Bücherdenken


An meiner Lieblingsbuchhandlung kann ich selten vorübergehen, ohne wenigstens die Neuerscheinungen im Schaufenster zu studieren.

Und steht man einmal dort, kann man auch hineingehen. Und einmal drinnen, wandern die Augen wie von selbst die Regalreihen entlang.
"Immer schön, wenn sich jemand soviel Ruhe nimmt, dass man ihm beim Denken förmlich zusehen kann."
Ich wollte der Verkäuferin nicht die Illusionen rauben, also lachte ich nur freundlich.

Denn eigentlich denke ich nicht, wenn ich Bücherregale studiere. Es ist mehr so, dass ich ganz ruhig dastehe, die Buchrücken beobachte und mit fast schon angehaltenem Atem darauf warte, dass mir ein Buch in die geöffneten Hände springt.

Ich bin froh, dass bisher noch nie eine 10bändige Enzyklopädie der dümmsten Trump-Sprüche angeflogen kam. Das könnte dann wirklich ins Auge gehen.

Ich dachte schon, ich käme heil wieder aus der Sache raus, bis man mich auf einen Tisch voller reduzierter Restposten aufmerksam machte.

Aber ich blieb standhaft.

Mit nur 6 neuen Büchern verließ ich den Laden wenig später.

Naja, ein bisschen Schwund ist immer.

Donnerstag, 14. Februar 2019

Was mich bewegt... Schattenkirche


Im Radio hörte ich heute, dass die ev. Hauptkirche unserer Stadt bald wieder angestrahlt werden soll.

Stimmt, ein wunderschöner Kirchenbau, der beleuchtet ein fantastischer Anblick im Stadtzentrum war.

Nachdem er vier Jahre im Dunklen gelassen wurde, war der großartige Anblick so in Vergessenheit geraten, dass ich ihn nicht einmal mehr vermisst hatte.

Es erinnert mich daran, was seit längerer Zeit auch mit unserer kath. Kirche geschieht: Wir lassen sie schon so lange im Schatten, dass sich kaum noch jemand an ihr Licht erinnert.

Alles, was wahrgenommen wird, ist die Dunkelheit - Zwist und Streit bis in die obersten Ränge, Kleingeisterei, ewig sich wiederholende Diskussionen um stets die gleichen Themen, ja, und natürlich das alles überschattende Thema Missbrauch.

Gibt es denn kein Licht mehr?

Ich denke, es fehlt oft "nur" der Mut, es wieder unter dem Scheffel hervorzuholen, unter den wir es gestellt haben. Weil es uns scheint, als müssten wir erst die Schatten beseitigen, ehe das Licht das Recht hat, sich wieder zu zeigen.

Ich stelle mir vor, dass ein Politiker sich vor eine Kamera stellt und sagt:
"Deutschland besteht aus Neonazis, linken Radikalen, gewalttätigen Flüchtlingen, Ökofanatikern, Umweltsündern und Sozialschmarotzern. Es ist ein schreckliches Land, man sollte es einstampfen."
Man würde ihn teeren und federn, um ihn dann in einer Anstalt unterzubringen.

Dabei hätte er doch Recht: Das alles gibt es in Deutschland.

Aber er hätte eben auch Unrecht, denn das alles macht das Land nicht aus.

Fröhliche Menschen, gute Menschen, kluge Menschen, hilfreiche Menschen, verständnisvolle Menschen, liebende Menschen - sie machen Deutschland aus. Die anderen sind Schatten in ihrem Licht.

Die dunklen Seiten nicht zu verschweigen kann und darf nicht heißen, das Licht unter den Scheffel zu stellen.

Das gilt für das Land ebenso wie für die Kirche.

Dienstag, 12. Februar 2019

Was mich bewegt... Moralwetten


Heute las ich auf Facebook einen Post zum Thema Mobbing.

Okay, er war ein bisschen arg... - nun, der Engländer würde es "cheesy" nennen, was so viel wie "kitschig" bedeutet.

Aber er regte doch auch zum Nachdenken an - und eigentlich war meine Meinung spontan:
"Wenn es nur einen Mobber zum Umdenken bringt, dann hätte das Teilen sich doch schon gelohnt."
Doch dann beendete der unbekannte Verfasser seinen Beitrag mit den Sätzen:
"Teile das. Ich wette, 99% tun das nicht. Wenn du ein Herz hast, dann gehörst du zu den 1%."
Warum tut man das? Und warum verbreiten sich diese moralinsauren Wetten im Netz wie die Blattern auf einem Dreimaster nach drei Wochen Flaute mitten auf dem Ozean?

Warum schreiben wir nicht einen Beitrag, der uns am Herzen liegt und schließen mit genau diesen Worten:
"Dieses Thema liegt mir am Herzen und ich bitte euch, ihn zu teilen!"
 Punkt. Aus. Ende.

Stattdessen diese moralische Erpressung:
"Ich wette, Xundneunzig Prozent werden das nicht teilen [= weil sie ganz schlechte Menschen sind]. Wenn du also zu den paar wenigen Guten und Anständigen gehören willst, dann teile meinen Beitrag!"
Ich finde das - entschuldigt bitte den harten Ausdruck - einfach nur Scheiße.

Montag, 11. Februar 2019

Was mich bewegt... Fußball?


Vergangenen Samstag ging ich durch unseren Hauptbahnhof. Es war wenigen Stunden vor dem Heimspiel der Borussia gegen die Berliner Hertha (über den Ausgang wollen wir schweigen).

Hätte ich nichts von dem anstehenden Spiel gewusst, ich würde wohl befürchtet haben, ein Bürgerkrieg stünde unmittelbar bevor:

Dutzende Polizisten in voller Ausrüstung, mit Helmen und Hunden, vor jedem Gleisaufgang, und in noch größerer Zahl an den beiden Eingängen zum Bahnhof.

Nein, ich kritisiere die Polizei nicht deswegen. Die Erfahrung zeigt schon seit langem, dass diese Maßnahmen leider immer öfter nötig sind.

Wann hat das eigentlich angefangen?

Ab wann war ein Fußballspiel nicht mehr nur eine Sportveranstaltung, zu der sich Fans zusammenfanden, sondern auch eine willkommene Gelegenheit für viele, aufeinander einzuprügeln?

Und wann wurde Unterstützung für den "eigenen" Verein zu Hass auf den anderen Verein, mitsamt seiner Anhänger?

Der Fußball ist nicht Schuld. Aber mit den Menschen muss etwas passiert sein. Und mit unserer Gesellschaft.

Wann hat das angefangen? Was war der Auslöser?

Kann man es zurückdrehen?

Sonntag, 10. Februar 2019

Was mich bewegt... Frugalisten


Frugalisten.

Ein Ausdruck, den ich heute zum ersten Mal gehört habe. Er beschreibt Menschen, die sich dem Ziel verschrieben haben, bis zu ihrem 45. Lebensjahr genügend Geld angespart zu haben, um von den Erträgen leben und so ihr frühzeitiges Leben als Rentner beginnen zu können.

Okay, den Zeitpunkt habe ich altermäßig sowieso schon verpasst, und es wäre wohl auch nie mein Lebensziel geworden.

Viel interessanter fand ich die Beschreibung, wie denn Frugalisten so leben.
"Die wohnen zu zweit in einer 48m² kleinen Wohnung mit einfachster Einrichtung."
hieß es da z.B. von der Radiomoderatorin, die über diese neue Erscheinung berichtete.

Meine Eltern lebten in einer solchen Wohnung. Aber ja, es stimmt: Das tut "man" heute wohl wirklich nicht mehr. Zumindest nicht, ohne ein mitleidiges Lächeln zu ernten.

Man muss dem folgen, was "man" tut, oder was "man" heute haben muss, oder auch dem, was "man" heute so nicht mehr hat und tut.

Heute hat "man" absenkbare Dunstabzugshauben mit integriertem Soundsystem. Kostenpunkt: € 9.000,- Früher™ hat man zum Kochen das Küchenfenster geöffnet und das Radio eingeschaltet.

Aber eine Küche muss heute "State of the Art" und entsprechend teuer sein, damit der Pfannkuchen gelingt.

Und eine Ehe oder sonstige Partnerschaft kann nur noch dann gelingen, wenn "man" ausreichend Platz hat, einander aus dem Weg zu gehen.

Das kann man alles so machen, und wenn man es sich leisten kann, dann kann man das alles auch so haben.

Aber muss man alles machen, weil "man" das jetzt so macht, oder Neues kaufen, obwohl das Alte noch funktioniert, nur weil "man" das heute "nicht mehr hat"?

Vielleicht gibt es Frugalisten schon viel länger, als wir denken - nur waren es früher™ einfach jene Menschen, die mit dem zufrieden hatten, was sie hatten, statt ständig darauf zu schielen, was "man" haben und tun muss.