Donnerstag, 4. Februar 2016

Ans Kreuz mit...

Ich gebe zu: Mit dieser Bibelstelle hatte ich als Gutmensch immer so meine Probleme. Da sollte eine Menschenmenge "Ans Kreuz mit ihm!" geschrieen haben, wegen eines Mannes, der keinem von ihnen etwas angetan hatte und den viele sicher nicht einmal kannten? Gut, die Zeiten waren damals weniger zivilisiert als heute, aber trotzdem: An eine solche Meute wollte ich nicht recht glauben.

Warum?

Weil ich ein Gutmensch bin. Ein Naivling, der erst einmal posituv von seinen Mitmenschen denken muss.

Aber heute erschallen die Rufe "Ans Kreuz mit...!" auch in Hinblick auf die Gutmenschen. Denn sie sind schuld. Woran? Egal. An irgendwas halt, an der Flüchtlingskrise sowieso, und am derzeit schlechten Wetter mit Sicherheit auch.

"Ans Kreuz mit..." - natürlich benutzt (fast) niemand mehr diese Worte. Aber Menschen an den öffentlichen Pranger zu schlagen,  das ist heute so leicht wie nie zuvor, bis hin zu einer klaren Aufforderung zur Gewalt gegen eine Person(engruppe).  Die Rechtfertigung wird meist gleich mitgeliefert, und sie lautet  immer gleich: Wer nicht mit uns ist, der ist unser Feind.

Die linke Szene ist da natürlich besonders gut im Rennen; hier ist der Einsatz von Gewalt ja schon seit Jahrzehnten ein probates Mittel. Und die Logik lautet "Bist du nicht meiner Meining, dann bist du rechts. Und bist du rechts, darf ich dich totschlagen."

"Ans Kreuz mit dir!"

Konservative Christen = Nazis. Allesamt. Ohne Ausnahme. Rechte. Pegidanahe.

"Ans Kreuz mit ihnen!"

Flüchtlinge = Terroristen. Kriminelle. Sozialschmarotzer. Vergewaltiger. Allesamt. Ohne Ausnahme.

"An Kreuz mit euch!"

Kanzlerin Merkel = Sie allein ist schuld an der weltweiten Flüchtlingskrise, an der Klimakrise, am Untergang des Abendlandes und überhaupt.

"Ans Kreuz mit ihr!"

Putinversteher.
Besorgte Bürger.
Selbsternannte Lebensschützer.
Lügenpresse.

"Ans Kreuz mit ihnen!"

Christen.
Juden.
Muslime.

"Ans Kreuz mit euch!"

Letztendlich ist es egal, was der einzelne Mensch denkt, was ihn bewegt, wer er ist, was seine Person ausmacht. Die Mühe, das herauszufinden, will sich heute kaum noch jemand machen. Es gilt nur einzuteilen in die jeweiligen Feindbilder. Dazu sind Stereotypen so gut geeignet wie Lianen, an denen man von Palme zu Palme schwingt.

Wir haben den Menschen aus dem Blick verloren. Die Person. Unser Gegenüber. Die Achtung, den Respekt, das Verständnis, mit dem jedem Menschen begegnet werden sollte. Nein, wir müssen nicht jeden Menschen mögen. Wir müssen nicht seine Meinung teilen. Aber wir sollten uns mit ihm auseinandersetzen - statt ihn nur in einem beliebigen Etikett zu versehen und "Kreuzigt ihn!" zu kreischen.

Ich fürchte, ich bleibe ein unerträglicher Gutmensch.

Ans Kreuz mit ihr?

1 Kommentar:

  1. ... und glaubst Du es jetzt?

    Sie hatten den gefunden, dessen Tod ihnen politische Erleichterung bringt. War ja ganz nett seine Predigt, aber auch etwas übertrieben.
    Und die Oberschicht hat er auch herausgefordert.
    Man hat mich bei einer seiner Predigten gesehen.
    Wenn das jetzt nicht endet, geht es mir auch an den Kragen.
    Bloß nicht. Die beobachten uns ...

    Egal: Ans Kreuz mit ihm! Ans Kreuz mit ihm!

    So läuft das. Gestern, heute, morgen ...

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