Logisches Denken?
Aktives Hören und Überdenken der Meinungen anderer?
Die eigene Weltsicht auf den Prüfstand stellen?
Och nööööö, eher nicht.
Vor kurzem wurde mir in einer FB-Diskussion bescheinigt, ich sei "rechts". Wer nun gleich das Schlimmste von mir denkt, der höre sich vorher die logische Schlussfolgerung an, die dieser Behauptung zugrunde lag:
"Ich bin links und darum [Anm.: weil ich nicht ihrer Meinung war] sind Sie rechts."
Das "logische" Denken der Dame verlief in folgenden Bahnen:
Fakt: Nur von "links" kommt das Heil der Welt, denn "links" hat immer Recht.In der Anwendung sieht das dann so aus:
Fakt: Ich bin "links".
Schlussfolgerung: Von mir kommt das Heil der Welt, und ich habe immer Recht.
Fakt: Ich bin der Meinung, Erdbeermarmelade schmeckt viel besser als Himbeermarmelade.Wer's nicht glaubt, der mag mal - ob real oder virtuell - mit einigen überzeugten Linken über jedes beliebige Thema diskutieren. Irgendwann wird er oder sie zwangsweise in der "rechten Ecke" landen. Es sei denn natürlich, er oder sie ist selbst überzeugter Linker. Aber dann gäbe es ja keinen Anlass zu einer Diskussion.
Fakt: Es gibt Menschen, die keine Erdbeermarmelade mögen.
Schlussfolgerung: Da ich immer Recht habe, muss der Erdbeermameladenverächter Unrecht haben. Und wer Unrecht hat, kann nicht "links" sein, denn "links" hat immer Recht. Also ist jeder Mensch, der keine Erdbeermarmelade mag, "rechts".
Ein anderer Linksmensch hatte während einer Diskussion ganz schlau herausgefunden, dass ich einen Blog habe. In seinem nächsten Beitrag schleuderte er mir dann den wahrhaft logischen Satz entgegen
"Was kann man denn schon von jemandem erwarten, dem nichts besseres einfällt, als sich in Rom über Selfiestäbe aufzuregen!".
Interessant. Da schreibe ich einen langen Blogbeitrag zum Thema "Egoismus", in dem beispielhaft die vielen selfiemachend durch Rom laufenden Touristen vorkommen, und das ist alles, was Herr Links sich aus dem Beitrag herauszupicken vermag?
Zuerst beruhigte ich mich damit, Herr Links habe sicherlich den Beitrag gar nicht wirklich gelesen, sondern nur schnell ein paar Schlagwörter zusammengesucht, die er mir um die Ohren schlagen konnte. Aber ich glaube nicht daran. Denn es ist heute zu einer seltsamen Routine geworden, das Reden und Schreiben "Andersmeinender" nur durch einen ideologischen Filter hindurch wahrzunehmen. Dieser Filter ist so eingestellt, dass er
a) nur jene Wörter und Satzteile durchlässt, die (aus dem Zusammenhang gerissen) gegen den Andersmeinenden ausgelegt werden können,
b) einige Sätze einer sinnverzerrenden Neuordnung unterzieht, um so die eigene - natürlich richtige - Meinung zu belegen, und
c) nichts passieren lässt, was die Meinung des Lesers oder Zuhörers auch nur entfernt ankratzen könnte.
Aber gut, seien wir fair und geben wir zu: Auch die angewandte Logik Nicht-Linker verwirrt mich manchmal.
Letztens warf ich einen wütenden Satz in den FB-Raum, in sehr, nun ja, herzhafter Sprache. Man darf es auch ruhig ein sehr unfreundliches Schimpfwort für eine Hochschwangere nennen, die ich an diesem Morgen fröhlich vor sich hinpaffend am Bahnhof gesehen hatte. Ein solcher Anblick ist für mich (und ich habe dies in der nachfolgenden FB-Diskussion auch erklärt) aufgrund seiner gesundheitlichen Langzeitschäden am Ungeborenen DAS rote Tuch überhaupt, bei dem ich überkoche. Doch es geschah etwas Unerwartetes: Menschen, die ich ansonsten als glühende Verfechter des Lebensrechts ungeborener Kinder kenne, gingen mich einzig ob meiner Wortwahl an und meinten, so dürfe "man" eine Fremde nicht titulieren und verurteilen, denn schließlich kenne man ja ihre Situation nicht. Das Thema selbst war zur Nebensache geworden.
Plötzlich wurden statt Leben und Gesundheit des ungeborenen Kindes die Raucher selbst diskutiert - ihr Kampf gegen die Sucht, die schrecklichen Nebenwirkungen eines Entzugs, die möglichen privaten Probleme, welche auch eine werdende Mutter zur Zigarette greifen lassen können, und natürlich meine beleidigende Wortwahl gegenüber einer Unbekannten.
Für mich ist das ungefähr so logisch wie meine vor kurzem frisch ins Nebenhaus gezogenen Nachbarn:
Zum Haus gehört ein Garten, den man natürlich nutzen möchte, um den Sommer im Grünen, zwischen Bäumen und Blumen und unter freiem Himmel zu genießen. Dazu wurde zuerst der Rasen bepflastert, damit Tisch und Bänke einen guten Stand hätten. Anschließend wurde die Bepflanzung rings um den Garten ausgerissen, der darauf hinter einem 2 m hohen Holzzaun verschwand. Zuletzt wurde über die auf dem Steinboden stehenden Tische und Bänke ein riesiger, an der Garage befestigter Gartenpavillon aus Plastikplane aufgebaut - überdacht und zu allen Seiten geschlossen, damit weder Wind, noch Regen noch Sonne den sommerlichen Gartenaufenthalt im Grünen, zwischen Bäumen und Blumen und unter freiem Himmel stören können.
Alles logisch! Oder was?
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