Also, was ist los mit mir?
Täglich treffe ich in den Medien - hauptsächlich online, aber auch anderswo - auf kleine und große Meldungen über ausgesetzte und/oder misshandelte Hunde, Katzen und andere Tiere. Das ist schlimm, keine Frage. Die Reaktionen auf solche Meldungen sind immer gleich: Ein Sturm der Empörung, es regnet Kommentare noch und noch:
"Wie kann man nur?"
"Wer sowas tut, dem sollte man... "
"Was sind das nur für Menschen?"
"Wenn ich den in die Finger bekäme..."
"Das ist soooo traurig, der/die/das arme kleine Ding."Betroffenheit und Empörung, und der Wille, dem Bösewicht mal so richtig in den... naja, ihr wisst schon.
Menschliche Reaktion. Völlig normal, und irgendwie auch gut so. Man nennt es Mitleid.
Immer häufiger aber frage ich mich:
Wie viele eben dieser Kommentatoren lesen von den Flüchtlingsschicksalen, ausgelöst durch die Greueltaten der IS und anderer islamistischer Terrorbanden - und bleiben ungerührt?
Wie viele von ihnen lesen von brennenden Asylantenheimen - und zucken die Achseln?
Wie viele von ihnen lesen von Morden, Entführungen, Folterungen, Vergewaltigungen, Enthauptungen, die in jenen Ländern gang und gäbe sind, aus denen viele der Flüchtlinge jetzt zu uns kommen - und denken sich dabei... nichts?
Natürlich beschränken sich meine Fragen nicht nur auf diese Menschen. Aber es ist auffällig:
Eine mitleiderregende und/oder empörende Meldung über ein süßes Kätzchen, einen armen Hund oder meinetwegen auch einen vormals stolzen Löwen - und die Zahl der Kommentare steigt binnen weniger Stunden in die Tausende.
Eine mitleiderregende und/oder empörende Meldung über ein Flüchtlingsschicksal oder weitere Untaten der IS-Schlächter - und die Reaktionen beschränken sich auf wenige und immer gleiche "Verdächtige".
Jemand meinte dazu kürzlich, naja, man könne sich doch nicht ständig aufs Neue empören und in Tränen auflösen. Hm... In der Tierliebe scheint das aber sehr wohl zu funktionieren.
Stumpfen wir also nur menschlichem Leid gegenüber ab?
Aber vielleicht sind ja auch nur die meisten der Ansicht "selber schuld":
Selber schuld, wenn Menschen von der IS verfolgt und enthauptet werden - ihre politische Einstellung wird danach gewesen sein.
Selber schuld, wenn der IS und andere Terrorgangs in den Ländern wüten - wenn auch niemand im Lande etwas gegen sie unternimmt und stattdessen alle die Beine gen reicher Westen in die Hand nehmen, die es sich leisten können.
Selber schuld, wenn der reiche syrische Apotheker vor dem IS fliehen muss - wenn er sich auch vorher im eigenen Lande nie um die Armen geschert hat.
Ich rede Blödsinn? Nö, genau diese Weisheiten wurden mir vor 10 Minuten um die Ohren geschlagen.
Mitleid? Ja, gerne. Aber bitte nur für süße Kätzchen und kleine Hunde.