Mittwoch, 20. August 2014

Irak - eine Sammlung abseits von Stern, Bild und Spiegel


Nein, keine Spenden, sondern Info habe ich gesammelt. Mir ist nämlich in Gesprächen etwas klargeworden:

Die meisten Leute, und das ist kein Vorwurf, beziehen ihre Informationen über das, was im Irak vor sich geht, aus Spiegel & Co. sowie aus Tageschau & Co.

Um nun aber auch einmal die Dinge durch andere Seiten neu ausleuchten zu lassen, habe ich einige Links der letzten Tage und Wochen zusammengestellt (auch für mich selber, damit sie mir nicht verloren gehen). Ich werde zu jedem ein oder zwei Sätze sagen; dann mag jeder, der sich hierher verirrt, selber entscheiden, ob es ihn interessiert oder nicht.

Eine gute erste Einführung zum Thema gibt das Vatican Magazin in drei aufeinanderfolgenden Beiträgen.
Zur Erklärung: Dieses Magazin wird, trotz seines Namens, NICHT vom Vatikan herausgegeben. Es handelt sich um ein deutsches und katholisches Magazin (ja, sowas gibt's), herausgegeben in Deutschland, aber mit Redaktionssitz in Rom.

Es gibt allerdings auch eine offizielle Erklärung des Vatikan zu den IS-Terroristen und die von ihnen verursachte Katastrophe im Irak:
Was der Vatikan dazu sagt
(Mal ehrlich, Hand hoch: Wer hat von dieser Erklärung etwas in den Print- oder TV-Medien gesehen/gehört? Ach ja? Ich auch nicht.)

Da es die Erklärung zwar inzwischen mehrsprachig, aber noch nicht auf Deutsch gibt, hier meine selbstgestrickte Übersetzung:

Die ganze Welt hat ungläubig dem zugesehen, was wir heute die "Erneuerung des Kalifats" nennen, das am 29. Oktober 1923 von Kamal Atatürk, dem Gründer der modernen Türkei, abgeschafft worden war. Widerstand gegen diese "Erneuerung" seitens einer Mehrheit der religiösen Institutionen sowie muslimischer Politiker hat die Jihadisten des „Islamischen Staats“ nicht davon abhalten können, unaussprechliche Verbrechen zu begehen und dies auch weiter zu tun.

Dieser Päpstliche Rat, zusammen mit all jenen, die sich im interreligiösen Dialog engagieren, Anhängern aller Religionen, sowie allen Männern und Frauen guten Willens, kann diese Praktiken, die Schande über die ganze Menschheit bringen, nur eindeutig verurteilen:
- Massaker an Menschen nur aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit;
- die verabscheuungswürdige Praxis der Enthauptung, Kreuzigung und des Aufhängens unter öffentlicher Zurschaustellung
- die den Christen und Yesiden aufgezwungene Wahl zwischen einem Übertritt zum Islam, Zahlung einer Steuer (jizya) oder dem erzwungenen Exil
- die gewaltsame Vertreibung von Zehntausenden, mitsamt Kindern, Alten, Schwangeren und Kranken
- die Entführung von Mädchen und Frauen aus yesidischen und christlichen Gemeinschaften als Kriegsbeute (sabaya)
- das Erzwingen der barbarischen Praxis der Genitalverstümmelung
- das Zerstören von Gebetsstätten sowie christlicher und muslimischer Grabstätten
- die Besetzung oder Schändung von Kirchen und Klöstern
- das Entfernen von Kruzifixen und anderer christlicher religiöser Symbole sowie auch von anderen religiösen Gemeinschaften
- die Zerstörung eines unbezahlbaren religiösen und kulturellen Erbes der Christenheit
- willkürliche Gewaltanwendung, die darauf abzielt, die Menschen zu terrorisieren, so dass sie aufgeben oder fliehen


Nichts, und erst recht keine Religion, kann ein solche Barbarei rechtfertigen. Dies stellt ein extrem schweres Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Gott dar, dem Schöpfer, wie Papst Franziskus uns oft erinnert hat. Wir können jedoch nicht vergessen, dass Christen und Muslime seit Jahrhunderten zusammengelebt haben – mit Höhen und Tiefen, zugegeben – und dabei eine Kultur der friedlichen Koexistenz und der Zivilisation aufgebaut haben, auf die sie stolz sind. Darüber hinaus ist es diese Basis, auf der in den letzten Jahren ein Dialog zwischen Christen und Muslimen weitergeführt und intensiviert wurde.


Die dramatische Lage der Christen, Yesiden und anderen Religionsgemeinschaften sowie ethnischen Minderheiten im Irak verlangt eine klare und mutige Haltung auf Seiten der religiösen Führer, vor allem der Muslime, und auch von jenen, die sich im interreligiösen Dialog engagieren, sowie von allen Menschen guten Willens. Alle müssen einstimmig diese Verbrechen verurteilen, ebenso wie den Missbrauch einer Religion als Rechtfertigung. Geschieht dies nicht, welche Glaubwürdigkeit werden Religionen, ihre Anhänger und ihre Führer haben? Welche Glaubwürdigkeit kann der interreligiöse Dialog haben, den wir geduldig in den letzten Jahren verfolgt haben?
Religiöse Führer sind auch aufgerufen, ihren Einfluss bei den Behörden auszuüben, um diese Verbrechen zu beenden, um diejenigen, die sie begehen, zu bestrafen, und um die Rechtsstaatlichkeit im ganzen Land wieder herzustellen, um so eine sichere Rückkehr der Vertriebenen in ihre Heimat zu ermöglichen. Während sie einerseits die Notwendigkeit einer ethischen Leitung einer Gesellschaft in Erinnerung bringen müssen, dürfen sie es auch nicht versäumen, darauf hinzuweisen, dass Unterstützung, Finanzierung und Bewaffnung des Terrorismus moralisch verwerflich sind.Zuletzt sei gesagt, dass der Päpstliche Rat für den Interreligiösen Dialog dankbar ist für all jene, die bereits ihre Stimmen erhoben haben, um den Terrorismus zu verurteilen, vor allem jenen, der die Religion missbraucht, um sich zu rechtfertigen.Lassen Sie uns daher unsere Stimmen vereinen mit der von Papst Franziskus: "Möge der Gott des Friedens in jedem von uns einen ehrlichen Wunsch nach Dialog und Versöhnung wecken. Gewalt wird niemals durch Gewalt besiegt. Gewalt wird durch Frieden besiegt."

Weshalb unsere Medien und Politiker größtenteils erst aufwachten, als neben den Christen auch die Bevölkerungsgruppe der Jesiden zu Verfolgten wurden, das versucht ein bekannter Blogger hier zu erklären:
Ja, ja, das Internet ist auch in der Kirche angekommen, und dort auch bei den Dominikanerinnen von Bethanien, die sich unter dem Titel "Bethanien bloggt" zu Wort melden. Unter dem Eintrag
Bethanien bloggt - Genozide und andere Verbrechen
schreibt sich Schwester Barbara ihren Ärger über das lange Schweigen der Medien und Politiker von der Seele.

Hier dagegen kann man erfahren,
was einem droht...
...der das falsche T-shirt trägt......und zwar ein T-shirt mit dem Aufdruck des arabischen Buchstabens "N", welches für "Nazarener" steht, wie man die Christen nennt. Mit diesem Buchstaben haben die IS-Terroristen die Häuser der Christen gekennzeichnet (ja, ja, wenn's erlaubt ist: genauso, wie es die Nazis mit dem Davidstern an den Häusern der Juden taten).

Wie nun ausgerechnet dieses Zeichen, dieses arabische "N", zu einem weltweiten Symbol des Widerstands wurde, das erklärt uns tatsächlich die Zeitung
Die Welt
in einem Artikel.

Und auch, wenn man in unseren oben schon erwähnten Print- und TV-Medien seeeeehr wenig davon mitbekommt - es gibt durchaus Gottesdienste (FÜR Gebete) und Demonstrationen (GEGEN den IS-Terror). Zum Glück waren Blogger anwesend, die darüber berichtet haben, wie z.B.
Kalliope aus der Logic Lane
die uns mit Bericht und Bildern aus Berlin teilhaben lässt.

Und wo wir schon gerade bei ihr sind: Kalliope war auch anderweitig sehr rührig und hat an die deutsche und später auch an die französische Regierung geschrieben, um ihren " Bedenken wegen ungenügender Hilfeleistung für die irakischen und syrischen Christen" Ausdruck zu verleihen. Dass sie nunmehr aus Frankreich Antwort erhalten hat, kann man
hier
nachlesen.
(Sage mir niemand mehr, der Einzelne könne nichts tun außer die Hände in den Schoß zu legen und abzuwarten, dass der Sturm vorüberzieht.!)

Nebenbei erwähnt die Tatsache, dass die Fahne der IS-Terroristen nicht nur im Irak weht
 Fahne der IS weht in Deutschland
sondern auch in Saarbrücken, und wer weiß, wo noch. Angeblich ist die Flagge inzwischen eingeholt worden. Genau weiß ich es nicht.

Jetzt noch das übersetzte (nicht von mir) Interview, das der aus aus Mossul vertriebene Erzbischof Amil Nona der italienischen Zeitung "Avvenire" gegeben hat.  Es ist ein sehr harsches Statement, und man muss es natürlich mit dem Gedanken daran im Hinterkopf lesen, welches Grauen  Erzbischof Nona vor seiner Vertreibung aus dem Irak erlebt haben mag. Trotzdem nehme ich es hier auf, weil es doch auch zu Denken gibt:
Der aus Mosul vertriebene Erzbischof glaubt, dass der Westen den Islam nicht versteht und die Gefahr, die von Islamisten ausgeht unterschätzt. "Habt keine Illusion, die Dschihadisten sind das wahre Gesicht des Islam. Die Grundlage ihrer Ideologie ist der Islam" , warnt der aus Mosul vertriebene Erzbischof der Chaldäer, Emil Shimoun Nona.

In einem Interview mit der italienischen Zeitung Avvenire, kritisiert Erzbischof Nona scharf die westliche Politik und ihre Ignoranz gegenüber der Verfolgung der Christen und anderer Minderheiten (religiöse oder ethnische), die durch die islamistische Gruppe ISIS momentan ausgeübt wird. Wir sollten uns daran erinnern, daß die chaldäische Gemeinde in Mossul Stück für Stück unter dem Ansturm der Islamisten verschwunden ist. Alle Gläubigen wurden ermordet oder zusammen mit ihrem Erzbischof vertrieben.

"Im Koran gibt es Suren, die über die Tötung der Christen und aller anderen Glaubensrichtungen sprechen. 'Kafir -i' (Ungläubige) besitzen im Islam keinerlei Würde, keinerlei Rechte, mit denen Ihr alles machen könnt, was Ihr wollt. Die Ideologie der Islamisten ist nicht neu, aber sie basiert auf dem Koran" betont der Erzbischof der Chaldäischen Kirche, die mit Rom uniert ist, und ungefähr 480,000 Gläubige hat.

Nona fügt an, dass es scheint, dass die Politiker nicht verstehen, was der Islam in Wirklichkeit ist, und fälschlicherweise vermuten, dass die Islamisten nur für den Nahen Osten gefährlich seien.

"Das ist nicht wahr, sie sind eine Gefahr für alle von Euch, für den Western sogar noch mehr. Es wird die Zeit kommen, wo der Westen seine Politik bereuen wird. ISIS möchte die ganze Welt erobern und alle Menschen zum Islam konvertieren, die anderen wollen sie töten, " sagt der Erzbischof.

Die Islamisten, kommt er zum Ende, kann nur ein Militäreinsatz stoppen, oder eine Blockade ihrer Finanzquellen. Einige Staaten finanzieren die Islamisten offen, während die internationale Gemeinschaft diese Tatsache ignoriert, denn diese Länder sind reich an Erdölvorkommen und aus diesem Grund werden sie benötigt.

Es ist die Zeit für eine Änderung der internationalen Politik, fordert der Erzbischof auf.
Um fair zu bleiben, lasse ich zuletzt aber auch den Zentralrat der Muslime in Deutschland zu Wort kommen, der am 31.07.2014 folgendes
Statement
zur Situation der Christen im Irak auf ihrer Website veröffentlicht hatte.


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