Diesen Beitrag wollte ich eine Woche lang nicht schreiben, denn er erschien mir überflüssig. So viele Menschen und Medien schreiben und sprechen darüber. Braucht es da wirklich auch noch einen Blogbeitrag von mir?
Aber es gab da Freitag dieses kurze Gespräch - seitdem weiß ich, dass die Ausmaße der Flut tatsächlich eben doch nicht allen Menschen klar sind:
Nachdem ich erwähnte, welche Zerstörungen eine bei Ahrweiler lebende Freundin beschrieben hatte, meinte jemand, so schlimm sei das alles nicht - das Wasser sei halt in diesen Orten durch einige Straßen geflossen und hätte dort für Zerstörungen gesorgt, aber "darum herum" sei alles heil geblieben, nur zeigten das die Medien natürlich nicht, die ja immer übertrieben.
Ich war so fassungslos, dass mir in diesem Moment nur die Flucht in den Sarkasmus blieb:
"Klar, meine Freundin lebt vor Ort und liefert Augenzeugenberichte, aber natürlich weißt du von hier aus allemale besser, was dort vor sich geht. Schon klar."
Aber seitdem geht mir die Frage nicht aus dem Kopf, ob wohl noch andere Menschen nicht begreifen (wollen?), wie die Lage in den von der Flut betroffenen Gebieten wirklich ist?
Gibt es eine andere Gruppe in der Bevölkerung als die, welche wir im Moment hauptsächlich wahrnehmen? Also eine andere Gruppe als die der Helfer und Spender, die über das Geschehene betroffen sind?
Und wenn ja, wer sind sie? Sind sie gefühllos, abgestumpft, achtlos? Oder zu sehr überzeugt von sich, und davon, die Welt besser zu durchschauen als der Rest von uns? Oder wollen sie ihr eigenes kleines mentales Rosengärtlein nicht verlassen, in dem sie sich einreden können, dass alles eben doch nur schlimm geredet wird?
Ich weiß es nicht.
Ich weiß nur, was ich von direkt Betroffenen in den letzten Tagen erfahren habe.
Von Menschen in der Eifel, die ihren Ort - oder das, was davon übrig ist - nur mit dem Vergleich
"Deutschland 1945"
beschreiben können.
Von Menschen in der Eifel, deren eigenes Haus zwar von der Flut verschont geblieben ist, die aber sachlich-tonlos berichten, was ansonsten von ihrer Heimat übrig ist:
"Unser Bäcker - weg. Unsere Metzgerei - weg. Der kleine Supermarkt - weg. Das schöne Café, wo wir uns so gerne mit Freunden getroffen haben - weg. Die Häuser unserer Freunde eine Straße weiter - weg. Was mit den Menschen in den Läden und Häusern ist - wir wissen es nicht."
Vom Mann, der von seinem umspülten Haus beobachtet, wie Nachbarn sich auf die Flussbrücke retten, in der Hoffnung, dass die Brücke nicht überspült würde und sie dort in Sicherheit wären. Der sieht, wie vom Wasser mitgerissene Autos mit Macht gegen die Brücke geschleudert werden und immer neue Teile aus ihr herausschlagen. Der hilflos zusehen muss, wie seine Nachbarn in Todesangst auf dieser Brücke stehen, der wegsehen möchte, aber es nicht kann.
Von Menschen an der Ahr, die vom beißenden Gestank nach Benzin und Fäkalien berichten, der die Luft der ganzen Gegend schwängert. Man riecht das Elend, lange bevor es in Sicht kommt.
Von von gestandenen Kerlen, die am Ende eines Tages als Helfer in Tränen ausbrechen.
Hier noch ein Artikel, dessen Verfasserin die Flut im Ahrtal miterlebt hat. Sie ist auch weiterhin vor Ort:
Ja, die Medien sind sensationsgierig und bauschen gerne mal dort auf, wo es ihnen "notwendig" erscheint.
Aber die Auswirkungen dieser Flut waren und sind auch ohne zusätzlichen Hype eine wahre Katastrophe.
Wer spenden möchte, ein Link:
WDR - Diese Spendenkonten gibt es bislang
Oder auch:
"Wird schon nicht so schlimm sein" ist angesichts der eindeutigen Bilder und Augenzeugenberichte und angesichts der Opferzahlen blanker Zynismus - oder eine Form von Blauäugigkeit, die schon ins Krankhafte spielt.
AntwortenLöschenIch habe vor langer Zeit mal gestörte Jugendliche bei der Arbeit erlebt. Da war einer, dessen Kommentar zu allem war "macht nichts" - auch dann, wenn jemand sich bei der Arbeit wirklich schmerzhaft verletzt hatte. An den muss ich gerade denken.
Die Ignoranz und Dummheit mancher Zeitgenossen ist schon geradezu ungeheuerlich.
AntwortenLöschenWir hatten hier vor 2 1/2 Wochen einen so extremen geradezu sintflutartigen Starkregen, dass unsere Straßenkanalisation regelrecht absoff und die Straße mehr als knöchelhoch unter Wasser stand.
Gleiches in der gesamten Fußgängerzone unserer norddeutschen Kleinstadt.
Gottlob dauerten die unwetterartigen Regenfälle hier bei uns nur ca. 1 Stunde, und zumindest in unserer Wohnanlage blieben Keller und Tiefgarage trocken.
Und auch auf den Straßen zog das Wasser verhältnismäßig schnell wieder ab - die Feuerwehr war allerdings noch mehrere Stunden voll mit Auspumpen etc. beschäftigt.
Ich bin da doch sehr nachdenklich geworden, wie schnell unsere Infrastruktur und materielle Existenz durch außergewöhnliche Naturereignisse bedroht ist und an ihre Grenzen kommt.
Zeit sich wieder auf Gott als den Herrn der Natur und der Geschichte zu besinnen, demütig zu werden und - wo nötig - sofort von den verderblichen Wegen der Sünde umzukehren, bevor es zu spät sein könnte.