Samstag, 10. März 2018

Der Duft der Bücher

"Die Nase ins Buch stecken", so sagt man, wenn ein Mensch liest.

Aber steckt ihr manchmal auch so richtig, also ganz wörtlich, die Nase in ein Buch?

Gestern Abend hatte ich mir den Stapel noch ungelesener Bücher vom Regal geholt, um zu entscheiden, welches mich am nächsten Morgen als Lektüre zum Friseur begleiten würde. Und dabei ertappte ich mich, wie ich nicht nur die Innenseiten der Schutzumschläge las, sondern auch in jedes Buch die Nase steckte und tief einatmete.

Dabei fiel mir ein, dass ich diesen "Tick" von meiner Mutter geerbt hatte. Ich erinnerte mich, wie sie mir irgendwann vor vielen Jahren erzählte, so habe sie schon als Kind jedes neue Buch beim ersten Aufschlagen erkundet.

Ich liebe gute und ausgefallene Parfums und habe eine ganze Sammlung davon. Aber zum ersten Mal in ein neues Buch hineinzuschnuppern - das ist ungeschlagen das beste Parfum der Welt!

Und alle duften anders - je nachdem, ob es sich um einen Krimi, um eine Liebesgeschichte oder um einen Bildband von Rom handelt..... Gut, in Wirklichkeit sind es natürlich Papier, Druckerfarbe, Verarbeitung usw., die für die unterschiedlichen Buchdüfte verantwortlich sind. Aber man weiß ja nie, wie viel Einfluss der geistige Inhalt eines Buches auf die feine Nase einer Leseratte nimmt, nicht wahr?

Ein ganz besonderes Erlebnis stellt natürlich das aufwendig gearbeitete Buch dar - womöglich in Leder oder Leinen gefasst, mit Fadenbindung und gutem, festen Papier. Das ist nicht nur ein Duft- sondern auch ein haptisches Erlebnis. Solch ein Buch möchte man streicheln und ihm zuflüstern
"Erzähl' mir eine Geschichte!"
Eine andere, ganz besondere Spezies sind die alten, schon vielfach gelesenen Bücher. Im Gegensatz zu neuen Büchern sind sie Geschichte umrankt von Geschichten:

Lieblingsstellen mit Eselsohren markiert. Oder hier, der zerrissene Einband - Krallenspuren eines längst verstorbenen Missetäters. Kaffeeflecken, oder war das noch während meiner Teephase? Die paar alten Bücher aus der Sammlung meines Großvaters, ein ganz besonderer Schatz. Und natürlich die auf Antiquariaten gekauften Schätzchen, manchmal mit Widmungen von Fremden für Fremde, winzige Einblicke in die Leben einer anderen Zeit.

Ein wenig traurig beende ich diesen Blogbeitrag, weil ich mich frage, wie viele - oder wenige - der heutigen Kinder und Jugendlichen noch erfahren dürfen, wie viel mehr ein altmodisches Buch zu geben hat, als ihnen ebooks jemals werden bieten können.

1 Kommentar:

  1. https://kalliopevorleserin.wordpress.com/2009/06/06/ein-band-ovid/

    AntwortenLöschen