Freitag, 3. Oktober 2014

Demut? Ja. Aber anders..

Es wird ja in letzter Zeit viel über Demut gesprochen und, vor allem, geschrieben. Oft im Zusammenhang mit der "neuen Bescheidenheit". Aber mir spukt dazu etwas anderes im Kopf herum, etwas, das nichts mit roten Schuhen oder alten Autos zu tun hat.

Man kann ja nun nicht anders, denn als Kathole so dann und wann mit anderen Katholen zusammenzutreffen. Real. Im Internet. In Foren. Wo auch immer. Das kann schön sein, und im besten Sinne bereichernd. Und das kann Zweifel wecken. Selbstzweifel. Weil "die anderen" so zweifels-frei erscheinen.

Da sind Katholen bzw. Christen, die so fest in ihrem Glauben verankert sind, dass Zweifel unmöglich erscheinen. Diskutiert und "gestritten" (auch hier wieder: im besten Sinne) wird über alles, was mit "Gott und Welt" zu tun hat, und diese Gespräche sind großartig, und anspruchsvoll, und spirituell, und... und... und...

...und man selber wird dabei immer kleiner.

Jetzt grinse ich vor mich hin, denn ich denke an ein Gespräch, das ich vor längerer Zeit über genau dieses Thema hatte. Beim Italiener. Bei Pasta und Rotwein. Wo und wie auch sonst? Nach einer Weile kam ich drucksend darauf zu sprechen, ich käme mir wie ein Heuchler unter ihnen vor - sie seien sich ihres Glaubens alle so sicher, während ich immer wieder von Fragen und Leeren aller Art geplagt wäre und oft nicht einmal wüsste, was ich damit bei ihnen überhaupt zu suchen hätte.

Dann fragte mein Gegenüber: "Woher weißt du denn, dass es bei uns nicht ganz genauso ist?"
Ich: "Aber keiner von euch hat je so etwas erwähnt."
Antwort: "Hast du es denn erwähnt?"
Ich: "Vor euch allen? Natürlich nicht!"

Okay, ich gebs zu: Die Leitung war schon sehr lang, und es müssen gleich an mehreren Stellen Leute draufgestanden sein. Aber als ich mich das sagen hörte, ist der Groschen letztendlich doch gefallen: Natürlich haben auch alle diese "Vorzeigechristen" (nicht böse sein - es ist auch nicht böse gemeint) ihre Zeiten des Zweifels und ihre dunklen Momente. Und natürlich haben sie - genau wie ich selbst - dies nicht in großer Gruppe breitgetreten.

Es war tatsächlich eine Erleichterung, als mir das klar wurde.

Jetzt muss man fragen:
1. Warum kramt sie das jetzt heraus?
2. Warum macht sie es - nach allem, was sie gerade erklärt hat, von wegen "nicht in großer Gruppe" - eben doch hier öffentlich?

Mir ging in letzter Zeit dieses Gespräch von damals immer mal wieder im Kopf herum. Wobei ich mich fragte: Wenn diese falsche Vorstellung bei mir dieses "ich passe da nicht hin"-Gefühl ausgelöst hatte, ergeht es dann anderen vielleicht genauso?

Wirke ich abschreckend auf Suchende, auf Zweifler, auf Menschen, die sich gerade erst an den Glauben herantasten, wenn ich mich aus Selbstschutz nach außen so sicher gebe, während ich meine Zweifel und meine dunklen Zeiten (fast) nur mit mir selber ausmache?

Was wäre, wenn ich stattdessen einfach mal offen zugebe:
Ja, es gibt Zeiten, in denen ich zweifle.

Oder:
Ja, es gibt Zeiten, in denen ich in einer Kirche sitze und nur Leere empfinde, Stille und Dunkelheit.

Oder:
Ja, es gibt Zeiten, in denen ich mich frage, ob mein ganzer Glaube nicht einfach nur Wunschdenken ist, und ob mit dem Tod nicht einfach doch nur einer das Licht ausmacht, und das war es dann eben.

Wenn ich es dabei belasse, ist es sicher nicht hilfreich. Aber vielleicht indem ich zugebe, dass ich beides erfahre? Die Zeiten, wenn ich Gott in meinem Leben deutlich wahrnehme und mich dadurch unendlich reich und glücklich fühle,  ebenso wie die Zeiten,  in denen alles dunkel, kalt und leer ist,  so dass nicht mal Erinnerungen die Wand aus Zweifeln und Verlassensein überwinden können,  und in denen einem nur bleibt, weiterzumachen,  es zu durchleben, und das Vertrauen nicht zu verlieren, dass auch in der Leere ein Sinn liegt.

Ist es Demut, das zuzugeben? Sicher gibt es da eine Menge Widerspruch, und vielleicht mit Recht. Wenn ich allerdings feststelle, wie schwer es mir fällt,  dies hier aufzuschreiben, und wie viel schwerer, gleich auf "Veröffentlichen" zu klicken, dann scheint mir zumindest für meiner Einer aber doch was dran zu sein.

Ich mach' das jetzt.

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