Montag, 30. Juni 2014

Sie sind tot.

Die drei in Israel entführten Jungen wurden heute gefunden - tot.

Eyal Yifrach (19), Gilad Shaar (16) und Naftali Fraenkel (16), die am 12. Juni entführt worden waren, sind heute tot aufgefunden worden; wie es scheint, wurden sie schon kurz nach ihrem Verschwinden ermordet. Noch gestern Abend hatte in Israel eine weitere Veranstaltung stattgefunden, um den verzweifelten Eltern Mut zu machen und ihnen Unterstützung zuzusichern.

Die Meldung

Und nun das. Drei junge Menschenleben zerstört. Warum? Weil sie in den Augen einiger der falschen Religion, der falschen Nationalität angehörten.

Natürlich finden sich auch in den deutschen Medien Artikel, z.B. hier und hier und hier. Mitleidige Worte über die Eltern, wie man sie sonst wohl nach Entführungsfällen mit tödlichem Ausgang fände, bleiben allerdings fast vollständig aus. Es ist, als gäbe es ein stillschweigendes Übereinkommen, unter Ausblendung menschlicher Hintergründe (auch über die Vita der Jungen erfährt man wenig bis nichts) möglichst wenig Gefühl für die Opfer, ihre Familien und deren Unterstützer aufkommen zu lassen.

Stattdessen erfährt der Leser sehr schnell, und mit einem anklagenden Beigeschmack, von den Massenverhaftungen, die im Zuge der Suche nach den Jungen von israelischer Seite durchgeführt wurden, da man die Hamas verdächtigte, an der Entführung beteiligt zu sein und auch gezielt nach zwei Verdächtigen suchte. Und schon sind wir beim "Schusswechsel mit Palästinensern", einem abgeriegelten Hebron, einer von Palästinenserchef Abbas als 'unverhältnismäßig' kritisierter Militäraktion, eskalierender Gewalt... 

So ein bisschen höre ich da einen Unterton von "selbst Schuld, Israel!" heraus. Sorry, ich wollte nicht polemisch werden - aber lassen wir es trotzdem mal stehen.

Aber man schaue sich doch bitte einmal die folgenden Abschnitte aus einem der oben verlinkten Artikel an:
Die israelische Luftwaffe hatte am Sonntag ein Mitglied der militanten Kassam-Brigaden getötet, der Miliz der Hamas. Nach Angaben der Armee war der Mann dabei, Raketen auf Israel abzufeuern. Hamas veröffentlichte anschließend eine Stellungnahme, nach der sie um das Mitglied der Kassam-Brigaden trauerte. In Israel wurde dies als Beweis gewertet, dass Hamas sich erstmals seit fast zwei Jahren wieder an Raketenangriffen beteiligt.
Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) forderte Israel zu einer Wiederaufnahme der Friedensgespräche mit den Palästinensern auf. Bei einem Besuch des israelischen Außenministers Avigdor Lieberman am Montag in Berlin bezeichnete Steinmeier die Lage im Nahen und Mittleren Osten als "Besorgnis erregend". "Ich hoffe, dass der Nahost-Friedensprozess nicht zu Ende ist", sagte Steinmeier. "Am Ende gibt es keine Alternative als eine Lösung am Verhandlungstisch."
Man muss sich das einmal auf der Zunge zergehen lassen:

Der erste Abschnitt weist in logischer Folgerung nach, dass ein Mitglied der ach so friedliebenden Hamas Raketen auf Israel abgeschossen hat. (Man sollte übrigens nicht etwa denken, das sei etwas besonderes: Raketen werden aus den Palästinensergebieten nämlich täglich auf Israel abgefeuert.)

Drei israelische Jungen werden entführt und, wie man jetzt weiß, ermordet. Wahrscheinlich tatsächlich von der Hamas, oder zumindest von deren Sympatisanten.

Und zeitgleich fordert unser aller Außenminister Israel zur Wiederaufnahme der Friedensgespräche auf!

Das darf er. Klar darf er das. Aber: Wo bleibt die gleichzeitige Aufforderung an Abbas, die Raketenbeschüsse einzustellen? Wo bleibt die Aufforderung an Abbas, zur Klärung der Entführung und Ermordung der Jungen beizutragen? Und: wo bleibt die Aufforderung an Abbas, das generelle Existenzrecht Israels anzuerkennen, um dadurch überhaupt erst eine Basis für die eingeforderten Friedensgespräche zu schaffen?

Ich für meinen bescheidenen Teil finde es jedenfalls ein wenig gewagt, von einem Staat die Wiederaufnahme von Friedensgesprächen mit einer Organisation zu verlangen, in deren Charta (siehe hierzu http://www.n-tv.de/politik/dossier/Hamas-Charta-neu-uebersetzt-article172953.html ) nicht nur das Existenzrecht dieses Staates geleugnet, sondern auch dessen völlige Vernichtung als erstrebenswerte "Endlösung" propagiert wird.

Ganz klar noch zum Schluss: Ich sage nicht "Die eine Seite ist an allem Schuld, und auf der anderen Seite gibt es nur Unschuldslämmer". Natürlich ist das zu kurz gedacht. Aber warum sollte ich nicht einmal ein wenig zugunsten der einen Seite gewichten, um so die Waage der deutschen Medienlandschaft um ein paar Gramm einem fairen Ausgleich näherzubringen?

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen